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Winter, verschwinde! Protest in Russland 2011/12
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Medienkennzeichen:
E-Medium
Jahr:
2022
Verlag:
Potsdam, filmwerte GmbH
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Aufgrund mutmaßlicher Wahlfälschungen erhoben sich in Russland nach den Parlamentswahlen vom 5. Dezember 2011 vielstimmige Proteste. Sie blieben nicht auf Moskau und St. Petersburg beschränkt. Die Bewegung mobilisierte Bürger im ganzen Land. Landesweit erreichten einzelne Demonstrationen deutlich über 100.000 Teilnehmer*innen.
Im März 2012 folgte eine weitere umstrittene Wahl. Vladimir Putin hatte eine Präsidial-Amtszeit lang als Ministerpräsident pausiert; Dmitri Medwedjew hatte in dieser Zeit das Amt inne. Nun rief Putin erneut zu seiner Wiederwahl auf und wurde im März mit deutlicher Mehrheit wiedergewählt. Das gesamte Verfahren benachteiligte Gegenkandidaten jedoch sehr stark. Die Welle von Großprotesten hielt auch über die Zeit der Präsidentschaftwahl an.
Sowohl einzelne Demonstrationen als auch die Bewegung als ganzes war der mit Abstand größte öffentlich Ausdruck von Bürger-Unmut, den Russland seit dem Zerfall der Sowjetunion erlebt hatte. Die Reaktion des Kreml folgte auf dem Fuße: Seither erschweren und kriminalisieren eine Reihe von Gesetzen organisiertes bürgerschaftliches und oppositionelles Handeln in Russland weiter. Ein wesentlicher Bestandteil des systematischen Kleinhaltens von Opposition besteht darin, sie als "ausländisch gesteuert" zu brandmarken.
Winter Go Away (Zima - Ukhodi! deutsch: Winter, verschwinde!) dokumentiert den russischen Protestwinter und nachfolgenden -frühling. Zehn Studenten der renommierten unabhängigen Moskauer Dokumentarfilmschule von Marina Razbezhkina und Michail Ugarow waren mit ihren Kameras ausgeschwärmt, um zu zeigen, wer da seine Stimme erhob. Sie sammelten mehr als 1000 Stunden Material. Der daraus entstandene Film zeigt, wie zahlreich und vielfältig, wie radikal aber friedlich, wie ideenreich und engagiert diese Bewegung war. Junge und ältere Menschen beteiligen sich. Eine mondäne Moskauerin protestiert einsam mitten in der Hauptstadt und diskutiert mit einem Putin-Anhänger. "Raz, twa, tri - Putin ukhodi!" (1, 2, 3 - Putin hau ab) skandieren Demonstranten auf einem "Marsch für faire Wahlen", während junge Aktivisten die gleiche Forderung auf einem Banner in luftiger Höhe anbringen.
Zu sehen ist auch, wie unterschiedlich die Anliegen und Haltungen der Protestierenden sind. "Nationalisten sind heute die einzige Macht, die das Recht haben, Russland zu führen", sagt ein Oppositioneller in Diskussion mit einer Schulklasse. Die Filmemacher kontrastieren seine Aussage mit der ebenfalls an den Protesten beteilgten Punkband Pussy Riot, die als Ziel Gendergerechtigkeit angibt. Geeint ist diese sehr vielfältige Bewegung keinesfalls - aber dennoch voller Hoffnung.
Unter den dokumentierten Protestierenden ist auch einer, dessen Name mittlerweile auch auf internationaler Bühne berühmt ist. Alexey Navalny, der 2020 nur knapp einem Attentat mit dem Kampfstoff Nowitschok entging. In "Winter Go Away" ist er als in seiner Heimat prominenter Mitorganisator der Proteste zu sehen, dem manch Anhänger*in der Protestbewegung allerdings auch Antisemitismus und Nationalismus vorwirft. Ebenfalls zu sehen: Boris Nemtsov, der wie Navalny russlandweit als Oppositioneller bekannt war - und 2015 mitten in Moskau erschossen wurde.
Partner in der Herstellung des Films war die unabhängige Moskauer Zeitung Novaya Gazeta. Wie die russische Oppositionsbewegung hat auch diese Zeitung in ihrer Geschichte etliche Todesopfer zu beklagen, darunter die 2006 ermordete Anna Politkovskaya.
Die im Film dokumentierte Opposition erreichte nie die Mehrheit der russischen Bevölkerung. Dennoch fürchtete der russische Präsident ihre demokratischen Ambitionen derart, dass er sie seit seiner Wiedereinsetzung 2012 schrittweise eliminierte. Russland im Frühling des Jahres 2022 ist eine Diktatur, die mit jedem Tag totalitärer wird.
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Jahr:
2022
Verlag:
Potsdam, filmwerte GmbH
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